LEIFS: Standardisierte Sicherheit für Menstruationsprodukte

Am österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) wurde ein universell einsetzbares Methoden-Set zur Sicherheitsbewertung von Menstruationsprodukten entwickelt, das in eine entsprechende ISO-Norm einfließen wird. Für seine zukunftsträchtige Pionierarbeit erhält das Institut den ACR-Innovationspreis 2024.

Die Hälfte der Bevölkerung ist regelmäßig auf sie angewiesen, angemessene Sicherheitsbestimmungen lassen aber weiter auf sich warten. Während in der EU viele Bereiche bis ins kleinste Detail reglementiert sind, unterliegen Menstruationsprodukte wie Tampons und Binden nur sehr oberflächlichen Auflagen. Und das, obwohl hinlänglich bekannt ist, dass das Vaginalgewebe sehr durchlässig und damit besonders anfällig für toxische Chemikalien und Reizstoffe ist.

Aus dieser Sicherheitslücke heraus ist am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) das Projekt „LEIFS (Let it flow safely)“ entstanden. Mit der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) und dem Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) holte man noch zwei weitere ACR-Institute ins Boot, um gemeinsam ein klares Ziel zu verfolgen: Erstmals einheitliche Methoden zur Sicherheitsbewertung von Menstruationsartikeln zu schaffen und damit den Grundstein für eine internationale Standardisierung zu legen, wie es sie etwa für Medizinprodukte bereits gibt. Mögliche Gesundheitsrisiken, die von Menstruationsartikeln ausgehen, sind vielfältig und bisher kaum untersucht. So kann eine Belastung der Produkte mit Pestiziden, Schwermetallen oder toxischen Kohlenwasserstoffverbindungen keineswegs ausgeschlossen werden. Bei Mehrwegartikeln kommen durch die Reinigung, Lagerung und Wiederverwendung zusätzliche potenzielle Gefahrenquellen hinzu.

Forscherin bei der Arbeit im Labor
Menstruationsprodukte in einer Laborumgebung

Um Anforderungen an verschiedene Produktgruppen ganzheitlich abbilden und entsprechende Bewertungsparameter festlegen zu können, wurden relevante Stakeholder wie Hersteller, Behörden und Beratungsstellen von Anfang an in das Projekt einbezogen. Bei den anschließenden chemischen, mechanischen und biologischen Testungen stellte das Projektteam durch In-vitro-Versuche außerhalb lebender Organismen sicher, dass keine Tiere zu Schaden kommen. Ein Teil der Methoden konnte in Anlehnung an bestehende Normen, etwa für Medizinprodukte, entwickelt werden, wobei das überaus empfindliche Vaginalgewebe entsprechende Adaptionen erforderlich machte. Die entstandenen Teststrategien sind für verschiedene Anwendungsfälle adaptierbar.

„Je nach Produkt setze ich unterschiedliche Bausteine zusammen, um möglichst viele Risiken und Sicherheitsaspekte abzudecken.“

Elisabeth Mertl, Projektleiterin am OFI

Erstmalig steht Herstellern und Laboren nun ein universell anwendbares Methoden-Set zur Risikobewertung zur Verfügung, das für Menstruationsprodukte unabhängig von ihrer Verwendungsart und den enthaltenen Materialien eingesetzt werden kann. Davon profitieren nicht nur große Produzenten mit etablierten Produkten, sondern gerade auch innovative KMU. Elisabeth Mertl arbeitet gemeinsam mit anderen Expert*innen auf internationaler Ebene indes an einem Standard für Menstruationsartikel. Eine entsprechende ISO-Norm soll 2027 veröffentlicht werden. Mit dem Projekt „LEIFS“ rückt das OFI, Gewinner des ACR-Innovationspreis 2024, ein Thema ins Licht, das vielfach völlig zu Unrecht immer noch als Tabu abgetan wird und schließt eine relevante Sicherheitslücke, von der nicht weniger als die halbe Weltbevölkerung unmittelbar betroffen ist.