Zement für die Zukunft

Mit der Entwicklung einer CO2-reduzierten Zementsorte und ihrer Anwendung beim Bau der Volksschule Adnet ist dem ACR-Institut VÖZ und der Salzburg Wohnbau GmbH ein entscheidender Schritt Richtung Nachhaltigkeit in einer sehr energieintensiven Branche gelungen. Für das richtungsweisende Forschungsprojekt „Neue Kompositzemente“ erhalten sie den ACR-Innovationspreis 2024.

Kaum eine Branche ist derzeit so gefordert, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren, wie die Zementindustrie. Allein in Österreich werden jährlich rund vier Millionen Tonnen des Baustoffs hergestellt und in erheblichem Ausmaß CO2-Emissionen freigesetzt. Zumindest derzeit noch. Denn die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), Mitglied des ACR-Forschungsnetzwerks, hat den Handlungsbedarf bereits früh erkannt und 2022 eine Roadmap zur Erreichung der CO2-Neutralität bis zum Jahr 2050 veröffentlicht. Mit diesem klaren Ziel vor Augen ist das Projekt „Neue Kompositzemente“ entstanden, in dem zukunftsfähige Zement-Rezepturen erforscht und auf ihre Praxistauglichkeit getestet wurden. Der CEM II/C bedeutet einen echten Meilenstein für die gesamte Branche.

Hinter dem etwas sperrigen Namen „CEM II/C“ versteckt sich eine neue Zementsorte, die den CO2-Fußabdruck herkömmlicher Rezepturen um 25 % verringert, aber wie gewohnt verwendet werden kann. In zahlreichen Schritten haben die Forscher*innen gemeinsam mit Unternehmenspartnern die eingesetzten Komponenten optimiert. Vorrangiges Ziel des Projekts war die Reduktion des sogenannten „Klinkeranteils“, also der gebrannten Komponente im Zement, denn seine Herstellung verursacht den Großteil der CO2-Emissionen. Es ist allerdings auch der Klinker, der die Leistungsfähigkeit eines Zements bestimmt. Damit die Sorte „CEM II/C“ trotz des geringeren Klinkeranteils gleichwertig eingesetzt werden kann, wurden Anteil und Feinheit der Zumahlstoffe präzise abgestimmt. Indem dabei mitunter auch Betonfeinanteile zur Anwendung kommen, werden vorhandene Ressourcen bestmöglich genutzt.

Zwei Personen im Betonlabor bei der Untersuchung von Betonproben
Forscherin mit einer Betonprobe in der Hand

Doch mussten die Forscher*innen erst beweisen, dass die neue Sorte auch tatsächlich praxistauglich ist und so wurden beginnend bei der Zementcharakterisierung über Mörteluntersuchungen bis hin zur Bestimmung der Frisch- und Festbetoneigenschaften umfassende Analysen und Versuche durchgeführt. Ein entscheidender Erfolgsfaktor war dabei vor allem der industrieweite Schulterschluss. „Wir haben in der gesamten Branche gemeinsam an einem Strang gezogen.“, betont Cornelia Bauer, Projektleiterin bei der VÖZ. „So haben sich österreichweit alle Zementhersteller am Forschungsprojekt beteiligt und in ihren Werken großtechnische Mahlversuche durchgeführt.“ Die Volksschule in Adnet, errichtet von der Salzburg Wohnbau GmbH, war eines der ersten Demonstrationsgebäude. Anhand derartiger Pilot-Bauwerke konnten Cornelia Bauer und ihr Team in enger Zusammenarbeit mit planenden und ausführenden Unternehmen aus der Baupraxis schließlich zeigen, dass die neuen Zementrezepturen im Bauprozess mit herkömmlichen Sorten mithalten können.

„Wir haben in der gesamten Branche gemeinsam an einem Strang gezogen.“

Cornelia Bauer, Projektleiterin bei der VÖZ

Eine Anpassung der Anlagen ist zur Herstellung des „CEM II/C“ nicht unbedingt erforderlich, womit der CO2-reduzierte Zement hoch skalierbar und auch für KMU unmittelbar zugänglich ist. Sieben Unternehmen haben die innovative Zementsorte bereits auf den Markt gebracht und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis weitere Hersteller nachziehen. Mit dem Projekt „Neue Kompositzemente“ setzen die Gewinner des ACR-Innovationspreises 2024 einen kräftigen Hebel für den Klimaschutz in Bewegung, der die Marktposition der heimischen Zementindustrie langfristig stärken wird.