Molekularbiologie für sichere Lebensmittel

Die Molekularbiologin Alma Licina geht bei der Lebensmittelversuchsanstalt mit DNA-Analysen der Herkunft und Zusammensetzung von Lebensmitteln auf den Grund.

Alam Licina, 45 Jahre alt und Molekularbiologin, ist eine Pionierin: 2020 kam sie an die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), um dort die Abteilung für Molekularbiologie aufzubauen, neue Forschungskooperationen umzusetzen, Betriebe und MitarbeiterInnen methodisch zu schulen und so das Portfolio der LVA ganz entscheidend zu erweitern. Die Abteilung für Molekularbiologie ist inzwischen akkreditiert und eine ganz wesentliche Ergänzung der analytischen Möglichkeiten an der LVA.

Mit nur achtzehn Jahren und ohne noch ein Wort Deutsch zu können, beschloss Licina, eine Familientradition, nämlich das Studieren in Wien, fortzuführen: An der Universität Wien besuchte sie einen Universitätskurs, studierte im Anschluss ebendort Biologie und spezialisierte sich auf Molekularbiologie. Ihr Mut, stets das Neue zu suchen und sich das noch Unbekannte vertraut zu machen, stammt aus ihrer Kindheit, wie Licina erklärt: In Sarajevo geboren, wuchs sie in Bosnien Herzegowina, in Kairo, Doha und Qatar auf. „Meine Eltern haben als Ingenieure überall auf der Welt gearbeitet. So war mein Horizont schon seit meiner Kindheit sehr weit.“

a Forscherin Alma Licina im LVA-Labor
b Forscherin Alma Licina bei der Bearbeitung von Proben im LVA-Labor

NGS ermöglicht erstmals die Erfassung des gesamten biologischen Spektrums in einer wesentlich verkürzten Zeitspanne und mit erhöhter Genauigkeit.

Alma Licina, Abteilungsleiterin bei der LVA

DNA-Analytik spielte schon ihrer Diplom- und in ihrer Dissertation eine Rolle: Mittels Echtzeit-PCR (Real Time PCR oder qPCR) untersuchte sie, ob L-Carnitin, eine Proteinverbindung aus den beiden Aminosäuren Methionin und Lysin, die in der Leber gebildet wird, ein geeigneter Zusatzstoff ist, um die Regeneration von Körperzellen anzukurbeln. Bei Echtzeit-PCR werden die Nukleinsäuren vervielfältig und können, nachdem eine bestimmte Reaktionskette abgelaufen ist, bestimmt und quantifiziert werden. So kann die Präsenz biologischer Einheiten, etwa von Viren, anhand ihrer Erbinformation nachgewiesen werden.

Licina unterrichtete nach ihrem Studium an der International University in Sarajevo Biochemie, arbeite als Produktspezialistin für eine österreichische Firma und vermittelte neue Analysemethoden und -technologien internationalen Kunden.

Aktuell ist Licina als Abteilungsleiterin dabei, Next Generation Sequencing (NGS), die neue, ultraschnelle Technologie zur Analyse von DNA, in ihrer Abteilung an der LVA zu etablieren. Durch die Sequenzierung der Nukleinsäuren in Lebensmitteln können Herkunft und Authentizität von Lebensmitteln zweifelsfrei bestimmt werden. Stammen die Eier in den Nudeln tatsächlich aus biologischer Haltung? Wurden nichtdeklarierte Inhaltsstoffe eingesetzt und woher stammen diese? NGS ist ein Meilenstein bei der Bekämpfung von Lebensmittelbetrug und wird es den Betrieben leichter machen, Importe und Quellen zu prüfen, Ausgangsstoffe zu bewerten, korrekt zu deklarieren und ihre Wertschöpfungsketten für KonsumentInnen transparenter zu machen. „NGS ermöglicht erstmals die Erfassung des gesamten biologischen Spektrums in einer wesentlich verkürzten Zeitspanne und mit erhöhter Genauigkeit“, fasst Licina zusammen.

Als Abteilungsleiterin ist Licina stolz auf ihr „kleines, hochmotiviertes“ Team. Sie hat mit Laboren in Österreich, der Schweiz und in Deutschland Kooperationen geschlossen und damit auch für Österreich in diesem Gebiet internationale Sichtbarkeit erzielt. Dass sie ihre Expertise just im Bereich der Lebensmittel einbringen kann, ist Licina ein Anliegen, zu viele Lebensmittel werden verschwendet: „Wichtig ist, dass der Respekt vor der Natur und den Lebensmitteln, der durch die Verfügbarkeit ‚all year round‘ in reichen Gesellschaften leider immer weniger vorhanden ist, wieder in jedem von uns in Erinnerung gerufen und täglich im eigenen Haushalt umgesetzt wird. Ich bin persönlich immer dafür, dass man den Einkauf und Vorrat gut plant, statt das kostbare Essen und die Geschenke der Natur zu verschwenden.“ Dass in Österreich jedes Jahr 157.000 Tonnen genusstauglicher Lebensmittel im Müll landen, empört sie. „Das ist moralisch nicht in Ordnung.“