Der Sinn für räumliche Dimensionen mag ihm als jemand, der gern in der Natur ist – mit dem Rad oder auch zu Fuß in den Bergen – mitgegeben sein, doch vielleicht war es der Abstecher über Maschinenbau, Umwelttechnik und die Anlagenkonstruktion, die Franz Mauthner neben einem Verständnis für die komplexen Verfahrensabläufe in kalorischen Kraftwerken auch diese räumliche, ganzheitliche Perspektive vermittelte, die seine Forschung noch immer begleitet. Das letzte Studienjahr an der FH Pinkafeld (Energietechnik und Umweltmanagement) verbrachte er an der dänischen Aalborg Universität im Energy Planning Department, wo es ausschließlich um die ganzheitliche Planung erneuerbarer Energiesysteme ging. Seine Diplomarbeit bei Joanneum Research behandelte die Frage, wie die Energieeffizienz von solarer Prozesswärme verbessert werden könnte. Der Projektpartner damals: AEE INTEC. Seit Jänner 2010 ist Mauthner nun bei dem steirischen Forschungsinstitut dabei.
Franz Mauthner – Energiewende, räumlich betrachtet
Der Umwelttechniker und Geoinformatiker Franz Mauthner hat noch als Diplomand zu AEE INTEC gefunden, oder sie zu ihm: Seit 2010 an Bord, trägt er heute als Scientific Researcher im Fachbereich „Städte und Netze“ dazu bei, dass die Gemeinden in Österreich ihren Energieverbrauch senken und auf erneuerbare Energieträger umsteigen können. Sein Mittel: Energieraumplanung.

„Die Selbstverständlichkeit von Raumplanung heute soll zur Selbstverständlichkeit von Energieraumplanung von morgen werden.“
Viele Projekte später, und Franz Mauthner hat ein weiteres Studium, Geoinformatik, an der Universität Salzburg abgeschlossen und seinen Fokus verschoben oder vielmehr vertieft: Es gelingt ihm in seiner Masterthesis 2019, die GIS-basierten Methoden zu identifizieren, die sich für die Kartierung von Wärmebedarfen eignen. Damit waren die methodischen Grundlagen für ein Forschungsprojekt geschaffen, dass er soeben abschließt: SEP – Spatial Energy Planning for Heat Transition, zu deutsch: Energieraumplanung für die Wärmewende. An dem Projekt sind die Länder Steiermark, Salzburg und Wien als Pilotregionen beteiligt. Es geht darum, klimaangepasste Raumkonzepte zu entwickeln, die es ermöglichen, den Energieverbrauch für Wärme zu senken und Wärme-Energie aus erneuerbaren Quellen zu schöpfen.
SEP ist ein typisches Projekt für den Fachbereich Städte und Netze, in dem Mauthner bei AEE Intec arbeitet: Wenn die Wärme oder die Kühlung für Räume oder Prozesse zukünftig aus erneuerbaren Energien kommen und effizienter sein soll, muss sich die gesamte Energieversorgung einer Kommune umstellen, angefangen bei den Versorgungsnetzen. Der Fachbereich setzt Simulationen, intelligente Datenauswertung und räumliche Planungstools ein, um der Komplexität des Energieraums einer Stadt gerecht zu werden.
Eine Gemeinde oder eine Stadt ist im Sinne der Energieraumplanung nicht nur eine räumliche Anordnung von Gebäuden, sondern wird bestimmt durch Funktionen, die Flächenwidmung, die Art der Mobilität, die ermöglicht oder verhindert wird, die Energiequellen und -netze, die zur Verfügung stehen. Diese weitgehend unsichtbare Raumstruktur entscheidet darüber, ob viel oder wenig Energie verbraucht wird und ob und wenn ja wie erneuerbare Energien zu Einsatz kommen können, ob E-Mobilität sinnvoll ist und Energiegemeinschaften möglich; kurz, wie schwer oder leicht der Ersatz fossiler Energieträger wird. Als Scientific Researcher wertet Mauthner für SEP derzeit Daten aus und entwickelt digitale Planungstools, mit denen Gemeindeverwaltungen später arbeiten können, um ihre Energieversorgung auf klimaneutral umzustellen. Die Klimawende ist nur auf Basis räumlicher Energieplanung zu schaffen, ist der 38jährige überzeugt: „Die Selbstverständlichkeit von Raumplanung heute soll zur Selbstverständlichkeit von Energieraumplanung von morgen werden“, sagt Mauthner.
2018 wurde AEE Intec für das Vorgänger-Projekt von SEP mit dem ÖGUT-Umweltpreis in der Kategorie „Nachhaltige Kommune“ ausgezeichnet. Seit Juni 2021 läuft nun die dritte Generation von SEP: In Spatial Energy Planning for Energy Transition geht es um Strom, Mobilität, um Sektorkopplung und um die Frage, wie man Bestände in eine klimafreundliche Zukunft holt.
Mauthner ist auch am kooperativen ACR-Projekt DesGIS-bEPS beteiligt. Das Akronym steht für “Development of sustainable GIS-based Energy Planning Services in changing Climate Conditions”. In dem Forschungsprojekt sollen Online-Tools entwickelt werden, die Städten und Gemeinden eigene Energieplanung auf Basis geoinformatischer Analysen ermöglichen. Bei dem Projekt arbeiten AEE Intec, Güssing Energy Technologies (GET) und das Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung IBS gemeinsam.
Neben der Forschungsarbeit gibt es noch den normalen Institutsalltag: Die Akquise neuer Forschungsprojekte, Vorträge, Kooperationen, Kongresse, die Betreuung von Studierenden bei Abschlussarbeiten und Praktika. Die Energie dafür holt Mauthner vom Berg: Naturerlebnisse im Gebirge, vor allem mit dem Rad, geben ihm die Gewissheit, für die richtigen Ziele zu forschen.
