Sylvia Polleres: Ein Leben für den Holzbau

Als Sylvia Polleres Anfang 2024 stellvertretende Institutsleiterin und Geschäftsführerin der Holzforschung Austria wird, blickt sie auf eine mehr als 20-jährige Karriere am Institut zurück. Dass die Naturwissenschaftlerin dabei ganz bewusst nie vom Holzweg abkam, hat mit viel Leidenschaft und Ehrgeiz zu tun.

Auf einem Bauernhof aufgewachsen, konnte die gebürtige Niederösterreicherin bei Waldarbeiten schon früh erste Praxisluft schnuppern. Den tatsächlichen Grundstein für ihre Karriere legt sie dann mit dem Studium der Holzwirtschaft an der BOKU. Im Zuge dessen absolvierte Polleres auch zwei längere Auslandsaufenthalte an der University of Helsinki sowie an der University of British Columbia in Vancouver. In ihrer Diplomarbeit beschäftigte sich die Forscherin mit der Analyse von Umweltaspekten bei der Gebäudeplanung und damit einem Thema, das 25 Jahre später aktueller denn je ist.

Der Bereich Hausbau und Fassadentechnik war es schließlich auch, in dem Polleres im Jahr 2000 bei der Holzforschung als wissenschaftliche Mitarbeiterin Fuß fasste. Acht Jahre später sollte sie die Leitung des Bereichs Holzhausbau übernehmen. Berufliches Steckenpferd war, ist und bleibt der Online-Bauteilkatalog dataholz.eu, den Polleres von Beginn an mitentwickelte und der sich inzwischen als internationales Standardwerk etabliert hat. Die Datenbank verfügt über gesicherte Informationen für den Einsatz des nachwachsenden Rohstoffs Holz und sorgt für Sicherheit in der Anwendung. Neben Daten zu Brand-, Schall- und Wärmeschutz sind auch aktuelle Indikatoren zur Ökobilanzierung und Nachhaltigkeit frei verfügbar.

Porträtfoto einer Forscherin

Aktuell arbeiten Sylvia Polleres und ihr Team an einer Weiterentwicklung des digitalen Bauteilkatalogs hin zu einem multifunktionalen Planungstool. Ein Projektschwerpunkt liegt auf der Beurteilung von effizienten Holz- bzw. Holz-Hybrid-Bauteilen im Hinblick auf die hohen Schall- und Brandschutzanforderungen im mehrgeschossigen Wohnbau. Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird dabei stets mitgedacht. Schließlich steht und fällt die Kreislaufwirtschaft mit dem Wissen um die eingesetzten Materialien. In diesem Sinn ist es seit Ende 2023 möglich, sämtliche Bauteildaten in einem frei zugänglichen offenen BIM-tauglichen Datenformat auf der Plattform zu erhalten, sodass auch Planer*innen die Informationen direkt in ihre individuelle Software übernehmen können.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit dieser Weiterentwicklung einen wesentlichen Beitrag zu qualitativ hochwertigen CO2-neutralen, mehrgeschossigen Gebäuden im Holzbau leisten.“

Sylvia Polleres

Grund zur Zuversicht gibt es für die Forscherin auch, wenn es um die eigene Karriere geht. An Möglichkeiten zur persönlichen Weitentwicklung mangelte es Polleres in der Holzforschung Austria nie. Dass sie ihre Tätigkeit heute wie damals mit Freude erfüllt, lässt sich wohl nicht zuletzt auf die kontinuierliche Abwechslung im Berufsalltag zurückführen. So wurde die wissenschaftliche Projektarbeit nach und nach um Managementagenden erweitert. Heute ist Polleres nicht nur für ein großes Team verantwortlich, sondern etwa auch für die Koordination verschiedener Forschungsstandorte. Auf holzwirtschaftlicher Ebene beschäftigt sich die begnadete Naturwissenschaftlerin aktuell vor allem mit der europäisch-technischen Bewertung von Holzbauwerken sowie mit nationalen und europäischen Normen.

Die wertvolle Unterstützung, die Polleres im Zuge ihrer wissenschaftlichen Laufbahn am Institut erhalten hat, möchte sie nun an ihre Mitarbeiter*innen weitergeben. Eine „gute Chefin“ zu sein hat für die Holzwirtin, die es als begeisterte Skitourengeherin und Jägerin auch privat gerne in den Wald und die Natur zieht, höchste Priorität: „Mein Team steht für mich klar im Vordergrund.“ Jungen Menschen rät Polleres, offen für Neues zu bleiben und persönliche Interessen mit Mut und Entschlossenheit zu verfolgen. So kann es – wie im Fall der erfolgreichen Holzwirtin – gelingen, dass die Berufung zum Beruf wird. Einziger Nachteil: Bei der Work-Life-Balance gibt es noch Luft nach oben.