Optimierung der additiven Fertigung

Immer öfter kommen bei der Herstellung von Bauteilen heute generative bzw. additive Fertigungsverfahren – auch als 3D-Druck bekannt – zum Einsatz. Im Produktionsprozess, der ausgehend von einem CAD-Datensatz schichtweise erfolgt, gibt es eine große Vielfalt an Werkstoffen und in Abhängigkeit davon ebenso viele unterschiedliche Erzeugungsverfahren. Im Vergleich zur klassischen Fertigung verspricht der 3D-Druck einen minimalen Ressourcen- und Energieeinsatz. Als relativ junge Technologie besteht in der Prozessoptimierung aber noch großer Forschungsbedarf, den das Österreichische Gießerei-Institut (ÖGI), Mitglied des Forschungsnetzwerks ACR, in seinem jüngsten Projekt aufgreift.

Zwei Wissenschaftler bei der Analyse
Computer mit Materialmodell

Neben der Energie- und Ressourceneffizienz bringt der 3D-Druck weitere Vorteile: Durch bionische Optimierung nach dem Vorbild der Natur können geometrisch komplexe Produkte in Leichtbauweise hergestellt werden. Entlang der gesamten Prozesskette spielt die Digitalisierung eine große Rolle, zudem lassen sich Designänderungen schnell und unkompliziert realisieren. Während beim Einsatz simulationsgestützter Optimierungsverfahren für Bauteile aus nicht faserverstärkten Werkstoffen üblicherweise sogenannte isotrope Materialmodelle verwendet werden, bei denen die Materialeigenschaften in allen Raumrichtungen im Wesentlichen gleich sind, lässt sich dieser Ansatz nur eingeschränkt auf die additive Fertigung übertragen. So bergen anisotrope – also inhomogene bzw. richtungsabhängige – Modelle erhebliches Potenzial zur Materialeinsparung, indem sie die Auslegung von Bauteilen nach realen Belastungsgrenzen ermöglichen. Auch die optimale Baurichtung kann so im Vorfeld festgelegt werden.

Allerdings ist der Einsatz von anisotropen Materialmodellen auch mit Herausforderungen verbunden. Unvollständige Materialdatensätze und aufwändige Modellierungsverfahren verdeutlichen den Bedarf an einer umfassenden Werkstoffcharakterisierung. Zusätzlich braucht es eine zweckmäßige Modellformulierung sowie geeignete Softwaretools und Lösungsalgorithmen. Gerade bei hybriden Bauteilen aus mehreren Materialien bestehen in der Erzeugung kraft-, form- und stoffschlüssiger Verbunde sowie bei der adäquaten Modellierung der Grenzschicht derzeit noch Schwierigkeiten.

Im Zuge des Projekts sollen daher die Kompetenzen zu generativen Fertigungsverfahren verschiedener ACR-Institute zusammengeführt werden. So sind neben dem ÖGI auch das Österreichische Institut für Chemie und Technik (OFI) und das Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE) an den Forschungsarbeiten beteiligt. Ziel des Projekts ist es, Materialmodelle für strukturmechanische Analysen zu entwickeln und in die Strukturoptimierung im Sinn des Leichtbaus zu implementieren. Darüber hinaus sollen Simulations-Tools für die Analyse der mechanischen Belastbarkeit entwickelt und neue Erkenntnisse zu unterschiedlichen Verfahren sowie Bauteil-Eigenschaften gewonnen werden. Dieses Know-how könnte in Folge bei der Konzipierung von Komponenten für hybride Fertigungsverfahren Anwendung finden.

Per 3D-Druckverfahren werden im Projekt Proben zur Ermittlung fertigungsbedingter Materialeigenschaften hergestellt. Eigens entwickelte Berechnungsmodelle ermöglichen die Gegenüberstellung von isotropen und anisotropen Modellen. Die anschließende Herstellung von realitätsnahen Bauteilen in Leichtbauweise und der Abgleich mit Simulationsergebnissen gewährleisten ein hohes Maß an Anwendungsorientierung.

„Durch den 3D-Druck können bionisch ausgelegte Strukturen unmittelbar in ein Bauteil umgesetzt werden, ohne große Abstriche durch geometrische Restriktionen eines Fertigungsprozesses in Kauf nehmen zu müssen. Weitere Potenziale ergeben sich durch die Möglichkeit, Strukturen auch im Hinblick auf die realen Werkstoffeigenschaften zu optimieren. Das Projekt 3D-MeKuH kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.“

Peter Hofer-Hauser, Projektleiter (ÖGI)

Im Forschungsprojekt finden erstmals verfahrensübergreifende Betrachtungen Eingang, die es ermöglichen, Synergien nutzbar zu machen. KMU profitieren von den gewonnenen Werkstoffkennwerten und den entwickelten anisotropen Materialmodellen für den Leichtbau. Das erleichtert die Konzeption, Auslegung, Herstellung und Charakterisierung von additiv gefertigten Komponenten. Mit der Etablierung eines Kompetenzzentrums wird für Betriebe ein One-Stop-Shop geschaffen, der den Weg für die breite Anwendung von generativen Fertigungsverfahren ebnet. Die Druckmöglichkeit in örtlicher Nähe zum Anwendungsort gewährleistet ein hohes Maß an Regionalität bei der Produktion von Bauteilen. Das trägt zur Wettbewerbsfähigkeit bei, sichert Arbeitsplätze und stärkt die heimische Wirtschaft.