Leifs: Tabus brechen für mehr Sicherheit

Menstruationsartikel sind im EU-Raum nur sehr wenig reguliert, folglich gibt es für diese Produkte kaum Methoden, um deren Sicherheit zu überprüfen und Gesundheitsrisiken auszuschließen. Das Projekt „Leifs“ wird das ändern. Unter der Leitung von Elisabeth Mertl, entwickeln die ACR-Institute OFI, LVA und IWI erstmals Methoden, mit denen die Risiken von Menstruationsprodukten systematisch erhoben, beschrieben und quantifiziert werden können. Schwerpunkte liegen vor allem auf den mikrobiologischen und chemischen Risiken von Mehrwegprodukten.

Eigentlich sollte es geprüft und erwiesen sein, dass von Tampons, Menstruationstassen und anderen Menstruationsprodukten kein Gesundheitsrisiko ausgeht. Dem ist jedoch nicht so. In Europa gelten für diese Produkte, die mit der Schleimhaut der Vagina in Kontakt kommen, dieselben Bestimmungen wie für Taschentücher, obwohl das vaginale Gewebe wesentlich leichter Schadstoffe aufnimmt. Diesem blinden Fleck entsprechend wird auch nicht geprüft, ob die Produkte tatsächlich unbedenklich sind oder nicht.  „Sicherheit wird bei Menstruationsprodukten meist nur auf die Anwendung bezogen“, sagt Elisabeth Mertl,  Leiterin des Bereichs Medizinprodukte und Biokompatibilität des OFI. „Ein Produkt, das nicht ausläuft, gilt als sicher. Tatsächlich hat Sicherheit aber auch mit Gesundheitsrisiken zu tun.“

Die möglichen Gesundheitsrisiken bei Menstruationsprodukten sind vielfältig: Einwegprodukte wie Tampons können etwa Rückstände von Pestiziden enthalten, ebenso Schwermetalle und Dioxine aus der Zellstoffbleiche. Bei Menstruationstassen aus Silikon stellen zyklische Siloxane ein bisher schlecht untersuchtes Risiko dar.

a Frau hält Menstruationscup in der Hand
b Detailaufname eines Pipettiervorgangs mit violetter Flüssigkeit

„Menstruation ist ein gesellschaftliches Tabuthema. Aus diesem Grund gibt es bisher keine erwiesen sicheren Produkte für die Periode.“

Elisabeth Mertl, Projektleiterin am OFI

Das Projekt Leifs wird das ändern. Unter der Leitung von Mertl werden des OFI, die LVA und das IWI erstmals Methoden entwickeln, mit denen die Risiken von Menstruationsprodukten systematisch erhoben, beschrieben und quantifiziert werden können. Schwerpunkte werden bei den mikrobiologischen und chemischen Risiken von Mehrwegprodukten liegen, da diese ökologisch nachhaltiger sind und in diesem Segment in den kommenden Jahren auch das größte Marktwachstum erwartet wird. Bei den Analysen werden nicht nur die Produkte selbst, sondern auch ihre Verpackung berücksichtigt. Ausgehend von den Ergebnissen von Leifs werden Testverfahren entstehen, die als Dienstleistung angeboten werden und entsprechende Regulierungsschritte anleiten können.

Dass es überhaupt Bedarf an einem Projekt wie Leifs gibt, hat, so analysiert Mertl, damit zu tun, dass Menstruation gesellschaftlich immer noch ein „Tabuthema“ ist. Außerdem: „Wir haben uns daran gewöhnt, in einer regulierten Welt zu leben und vertrauen drauf, dass sich irgendjemand oder irgendeine Institution schon Gedanken dazu machen wird“, sagt Mertl.

Hersteller und auch Handelsunternehmen sind die primären Adressaten von Leifs und werden daher von Anfang an in die Forschung einbezogen. Wirklich sichere Menstruationsprodukte werden ein Wettbewerbsvorteil sein, aber: Regulation ist Arbeit und Mertl vermutet, dass zunächst nicht alle Player glücklich über ein mehr an Vorschriften und Standards sein werden: „Niemand lässt sich das Leben gern komplizierter machen. Es wird wichtig sein, alle Stakeholder an einen Tisch zu bekommen, um gemeinsam die beste Strategie auszuarbeiten.“