Kunststoffpartikel in Lebensmitteln nachweisen

Kunststoffe sind ein fixer Bestandteil unseres Alltags, in den vergangenen Jahrzehnten ist ihre Produktion stetig angestiegen und liegt heute bei weltweit 400 Millionen Tonnen im Jahr. Nur ein Bruchteil davon wird nach dem Gebrauch recycelt, während der Großteil auf Deponien landet oder unkontrolliert in die Umwelt gelangt. Wiewohl Kunststoffteilchen in sämtlichen Lebensräumen omnipräsent sind, ist das Ausmaß der Verschmutzung weitgehend unbekannt und so auch biologische Risiken, die damit einhergehen. Fest steht jedenfalls, dass Mikro- und Nanoplastik über landwirtschaftliche Kulturpflanzen auch in die menschliche Nahrungskette gelangt. Das ACR-Institut Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz hat sich daher der Entwicklung von bildgebenden Nachweismethoden verschrieben, welche die Erkennung von Kunststoffpartikeln in Getreidepflanzen ermöglichen.

Wöchentlich nimmt ein Mensch Kunststoffteilchen mit der Masse einer Kreditkarte über Lebensmittel auf. Potenzielle Gesundheitsrisiken, die damit verbunden sind, reichen von Gewebsentzündungen bis hin zu Beeinträchtigungen des Stoffwechsels. Darüber hinaus fungieren die Partikel als Träger für Schadstoffe, Krankheitserreger und gebietsfremde Arten. Über den Reifenabrieb auf Straßen, die Ausbringung von Klärschlamm und mineralischen Düngemitteln sowie die Verwendung von Mulchfolien oder Gewächshausmaterialien gelangt Kunststoff in erheblichem Maße in landwirtschaftlich genutzte Böden. So wurde Plastik mittlerweile weltweit auf Ackerflächen nachgewiesen. Insbesondere Nanokunststoffpartikel dürften bis in oberirdische Pflanzenteile transportiert werden, Aufnahme- und Transportmechanismen sind bisher aber weitgehend unbekannt. Gewissheit herrscht indes darüber, dass Kunststoffe überaus beständig sind und lange in der Umwelt verbleiben.

Der Nachweis von Plastik wird insbesondere dadurch erschwert, dass es sich um keine homogene Materialgruppe handelt. So fehlt es zurzeit an standardisierten, bildgebenden Methoden, die sich sowohl für Nanopartikel, als auch zur chemischen Analyse von den Grundbausteinen verschiedener Kunststoffe eignen. Zwar ist inzwischen bekannt, dass Plastikteilchen über die Wurzeln von Getreidepflanzen aufgenommen werden können, jedoch gibt es keine Studien, die den Prozess bis hin zur Samenreife und Ernte unter kontrollierten Bedingungen nachverfolgen.

„Wir sind stolz darauf, Pionierarbeit auf dem Gebiet der Mikroplastik-Detektion in Getreide zu leisten. Unsere fortschrittlichen Technologien ermöglichen es uns, winzige Partikel in den Pflanzen zu identifizieren und so den gesamten Produktionsprozess transparenter und sichtbarer zu machen.“

Gerald Kothleitner, Geschäftsführer (ZFE)
Forscherin am Mikroskop

Das Projekt zielt daher darauf ab, ein Verfahren zu entwickeln, das Methoden der Mikroskopie, Spektroskopie und der chemischen Analyse kombiniert, um Getreidepflanzen auf das Vorkommen von Mikro- und Nanoplastik und potenzielle Auswirkungen auf die Mehl- und Getreidequalität untersuchen zu können. Mit der Etablierung eines standardisierten Workflows zur gezielten Verfolgung von markierten Kunststoffpartikeln in der Pflanze während des Wachstums werden gleichzeitig jene evidenzbasierten Fakten geschaffen, die es braucht, um in Folge entsprechende Normen bzw. Grenzwerte festzulegen und wirksame Maßnahmen im Sinn der Lebensmittelsicherheit zu entwickeln. Die Methodenverschränkung erlaubt es, umfassendere Datensätze als bisher über mehrere Partikelgrößenordnungen zu generieren. Um möglichst praxistaugliche Aussagen für die Getreideverwertung treffen zu können, werden Analysen im Labor um Feldversuche ergänzt. An den Forschungsarbeiten sind auch die Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung (VG) und die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), beides Mitglieder des Forschungsnetzwerks ACR, beteiligt.

Auf Basis des im Projekt gewonnenen Know-hows können konkrete Empfehlungen erarbeitet werden, um Kontaminationen künftig zu vermeiden. Von den standardisierbaren Nachweisverfahren profitieren Lebensmittel – und Kunststoffproduzenten ebenso wie der Agrarsektor. Die entwickelten Ansätze zur automationsgestützten Datenaufnahme bilden zudem eine fundierte Basis für weiterführende Untersuchungen. KMU können sich von dem Projekt einen niederschwelligen Zugang zu wertvollen Forschungsleistungen versprechen. Standardisierte Verfahrensmethoden und die Automatisierung der Datenaufnahme tragen entscheidend zur Kostensenkung bei. So kann es gelingen, wesentliche Schritte im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu setzen, von der letztlich alle profitieren.