Zirkulär statt linear

Maximale Ressourceneffizienz ist ein Gebot der Stunde und doch gibt es in vielen Branchen noch Aufholbedarf. Im Projekt „CFS Audit“ schaffen die ACR-Institute GET, AEE, IWI und LVA die Grundlage für die Kreislaufführung von Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie.

Österreichweit fallen jährlich 1,3 Millionen Tonnen an organischen Nebenprodukten aus der Lebensmittelverarbeitung an. Hochwertige Bestandteile wie Aminosäuren und Proteine machen die Reststoffe zu wertvollen Ressourcen, derzeit wird ihr Potenzial aber nur teilweise genutzt. Denn allzu oft landen Gemüseschalen, Getreidespelzen, Fleischknochen und Co im Müll. Das Forschungsprojekt „CFS Audit“ wurde von den ACR-Instituten GET, AEE, IWI und LVA ins Leben gerufen, um dem linearen Wirtschaften Ende zu setzen. Auf Basis einer eigens entwickelten Audit-Methodik soll es zukünftig möglich sein, viele Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie im Kreislauf zu führen.

Die Voraussetzungen dafür könnten kaum herausfordernder sein: Denn die Vielfalt an möglichen Verwertungsmethoden ist so groß wie die Variabilität der anfallenden Reststoffe selbst, zumal auch örtliche Gegebenheiten, branchenspezifische Umwelt- und Gesundheitsvorschriften und wirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden müssen. Für das Entwickler*innen-Team steht fest, dass der Spagat zwischen Möglichkeit und Machbarkeit nur mit einem ganzheitlichen Ansatz gelingen kann.

Vier Personen bei einer Besprechung im Büro
Personen auf einem Werksgelände

Am Anfang des Projekts steht daher eine umfassende Analyse der Rahmenbedingungen. Darauf aufbauend soll eine Bestandsaufnahme Klarheit darüber schaffen, in welcher Menge und Qualität Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie derzeit wo anfallen und wie sie verwertet bzw. entsorgt werden. Auf Basis dieser Daten erarbeiten die Forscher*innen eine Audit-Methodik, die Betriebe bzw. ihre Nebenprodukte klassifiziert und wirtschaftliche Verwertungspotenziale ableitet. Am Ende des Projekts soll eine ganze Tool-Box zur Verfügung stehen, die es den beteiligten ACR-Instituten erlaubt, Audits für Lebensmittelbtriebe von der Stoffanalytik bis zur Kostenkalkulation rasch und unkompliziert durchzuführen.

Indem das Potenzial von Nebenprodukten aus dem Lebensmittelbereich im Projekt „CFS Audit“ erstmals systematisch unter die Lupe genommen wird, lassen sich mitunter gänzlich neue Prozessketten zur kaskadischen Verwertung etablieren. So kann beispielsweise ein Reststoff nach erfolgter Proteinextraktion zur Biogasproduktion herangezogen werden und die Gärreste eignen sich wiederum zur Düngerherstellung. Das Ergebnis ist fruchtbarer Boden, auf dem neue Lebensmittel gedeihen können und damit schließt sich der Kreis.

„Abfall- und Reststoffe sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Deshalb ist der Ausbau der Kreislaufwirtschaft der nächste logische Schritt in einer Welt mit begrenzten Ressourcen.“

Klaus Paar, Projektleiter bei GET

Gelebte Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ökologisch sinnvoll, weil Rohstoffe effizient bis zu ihrem vollen Potenzial genutzt werden, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft. Gelingt es Österreichs Lebensmittelproduzenten und damit allem voran KMU, die kaskadische Verwertung von Nebenprodukten flächendeckend umzusetzen, könnten sie auf internationaler Ebene zu Vorreitern ihrer Branche werden. In einem hochkompetitiven Markt kommt ein derartiges Alleinstellungsmerkmal überaus gelegen, wenngleich „CFS Audit“ gerade auch auf regionaler Ebene großes Wertschöpfungspotenzial verspricht.

Mit einer maßgeschneiderten Audit-Methodik für die Lebensmittelindustrie schließen die ACR-Institute eine wichtige Lücke, ermöglichen sie doch den knapp 5.000 heimischen Lebensmittelproduzenten eine nachhaltige Transformation ihrer Produktionsmuster. Und die Forscher*innen möchten noch einen Schritt weiter gehen: Auf Basis von Fallstudien soll es gelingen, den Weg für zukünftige Normen und Regelwerke zu ebnen, sodass die Kreislaufführung in der Lebensmittelverarbeitung zum Standard wird.